Manfred Perl. Kein Name, der einem auf Anhieb etwas sagen muss, jedoch wird sich das in Kürze gewaltig ändern. Manfred Perl ist ein selbstständiger Tischler aus St Andrä-Höch in der Steiermark, ein Lebenskünstler, ein Querkopf, ein Sonderling, ein Mensch mit Visionen. Einer, der nicht bereit ist, das Leben als selbstverständlich hinzunehmen.
Der eigentlich aus der bildenden Kunst und Musik (Reflector) bekannte David Reumüller, ist selbst so eine Art Universalkünstler mit einem unbändigen Hunger auf unbegangene Territorien jeglicher kreativer Disziplin. Als neu „zuagroaster“ Nachbar hat er Manfred Perl vor längerer Zeit in St. Andrä-Höch kennen und schätzen gelernt.
Aus der Bekanntschaft beider Männer entstand schlussendlich die Idee Reumüllers, dem dorfbekannten Querkopf Perl ein filmisches Denkmal zu setzen. Schließlich hat Manfred Perl in den Neunzigern in minutiöser Eigenarbeit den damals größten Klapotetz der Welt gebaut und wurde seit jeher von einigen als seltsamer Eigenbrötler und von anderen als genialer Visionär gesehen. Als sich ein Tischlerauftrag aus London(!) ergibt, fasst Reumüller einen Entschluss: Er besorgt sich eine kleine Filmcrew (Jörg Stefke, Kamera und Matthias Feldmann, Ton) samt dem zugehörigen Equipment, nimmt den Tischler und sein entstandenes Werkstück mit und dokumentiert sowohl Perls Alltag als auch seine erste Fernreise mittels Kleinbus ins ferne London einfach mit.
In Zusammenarbeit mit Gregor Stadlober (Dramaturgie) und Jörg Stefke (Schnitt) ist ein unglaublich originelles, spannendes, lustiges, manchmal auch melancholisches Portrait eines Menschen entstanden, in dessen Kopf alle Denkprozesse ungefähr doppelt so schnell, gleichzeitig und intensiv ablaufen wie bei anderen Menschen. Perl, der zwanghaft jegliches Lebensgeschehen sprachlich reflektiert, wird so zu einem erfrischend neuen Spiegelbild auf eine Welt, die wir schon längst auswendig zu kennen geglaubt haben.
Erwähnenswert ist auf jeden Fall auch die Filmmusik: Von Reumüller zusammen mit dem “Bulbul”-Mastermind Manfred “Raumschiff” Engelmayr und dem meisterlichen Produzenten Bernd Heinrauch als “Muscle Tomcat Machine” eingespielt, erschließt der Soundtrack dem gedrehten Material neue Dimensionen; in manchen Augenblicken wähnt man sich bei der Aufführung in einer Mischung aus einem Kunstfilm nach einem Drehbuch von Peter Handke und einem Frühwerk von David Lynch.
Nicht zu vergessen der knorrige Humor sowie das wunderbar aberwitzige Selbstbewusstsein, welches sowohl dem Hauptprotagonisten, als auch dem Film selbst aus jeder Ritze herausschimmert – die schon etwas überstrapazierte Zeile aus dem Song “New York, New York”, “If I can make it there, I'll make it anywhere” trifft für mich nun auch auf jeden Fall für St. Andrä-Höch zu. Ich war unglaublich froh, dem der Vorführung beiwohnenden Hauptdarsteller danach die Hand schütteln zu dürfen, und ich bin mir sicher, dieser Impuls wird auch Sie nach dem Genuss von “Manfred Perl” unwiderstehlich überfallen.
Dr. Nachtstrom (fm4, Soundportal)